News von Norderney

Tourismus

26.10.2010
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Zigarrenkiste nach Baltrum

Inselgeschichten – Norderney – Baltrum – Langeoog – Wangerooge

Jede Insel hat seine „Geschichte“. Auf Baltrum ist diese besonders tragisch.

Der 21jährige Baltrumer Tjark Ulrich Honke Evers war Schüler in der Seefahrtsschule in Timmel, er wollte Kapitän werden. Kurz vor Weihnachten 1866 bestieg er ein Ruderboot, das ihn und einen Kameraden nach Hause bringen sollte. Der Mitschüler wollte nach Langeoog. Tjark Evers wurde auf halbem Weg abgesetzt. Statt auf Baltrum irrtümlicherweise auf einer Sandbank. Dem jungen Insulaner und angehenden Nautiker war nach kurzer Zeit klar, daß er keine Chance hatte. Er schrieb einen letzten Brief an seine Eltern und verpackte ihn in seine Zigarrenkiste. Die Kiste trieb auf Wangerooge an, Tjark Evers wurde nie gefunden. Er  war gerade 21 Jahre alt als er umkam.

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1866 im Nebel über dem Wattenmeer zwischen Langeoog und Baltrum. Im Baltrumer Kirchenbuch heißt es:

„Der Verunglückte besuchte die Navigationsschule in Timmel. In den Weihnachtsferien wollte er seine Eltern besuchen und kam am 22. Dezember in Westeraccumersiel an. Am Morgen des anderen Tages (sonntags) bestieg er mit einem Langeooger ein Boot, das sie jeden an den heimatlichen Strand setzen sollte. Zwischen sechs einhalb und sieben Uhr morgens fuhren sie ab. Ein ziemlich dicker Nebel verhinderte aber den Blick in die Ferne. Die Bootsleute ruderten zuerst nach dem Langeooger Strand, wo sie den Mann von Langeoog aussetzten. Von da wollten sie zum Baltrumer Strande zurudern. In der festen Meinung, diesen Strand erreicht zu haben, legte man an und der Verunglückte stieg aus, und die Bootsleute fuhren wieder ab. Es war aber nicht der heimatliche Strand, den der Verunglückte betreten hatte, sondern eine Sandbank auf der er in der steigenden Flut seinen Tod gefunden. Der Unglücksfall wurde am 5. Januar 1867 bekannt. Am 3. Januar ist an der Insel Wangerooge in einer Cigarrenkiste, die mit einem Taschentuch umwunden war, das Taschenbuch des Verunglückten angetrieben worden…“

Der Wortlaut des bis heute erhalten gebliebenen Textes (Ausschnitt):

„Liebe Eltern, Gebrüder und Schwestern, ich stehe hier auf einer Plat und muß ertrinken, ich bekomme euch nicht wieder zu sehen und ihr mich nicht. Gott erbarme sich über mich und tröste euch. Ich stecke dieses Buch in eine Sigarren Kiste. Gott gebe, daß Ihr die Zeilen von meiner Hand erhaltet. Ich grüße euch zum letzten Mal. Gott vergebe mir meine Sünden und nehme mich zu sich in sein Himmelreich. Amen.

An Schiffer H. E. Evers Baltrum

T U H Evers

Ich bin T. Evers von Baltrum.

Der Finder wird gebeten, dieses Buch meinen Eltern zuzuschicken an Cpt. H. E. Evers Insel Baltrum“

(Baltrumer Kirchenbuch Jg. 1866 und Gerhard Canzler, Aurich (1986): Baltrum, zitiert in Heidi Gansohr-Meinel, Jever (2001): Baltrum – Eine kleine Insel und ihre Bewohner).