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Norderney Inside

26.08.2021
Kläranlage 1
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50-jähriges Jubiläum der Kläranlage

Norderney ist beliebt, wie sich gerade in diesen Tagen wieder einmal zeigt. Viele Gäste genießen ihren Urlaub und freie Tage auf der Insel. Doch nur wenige von ihnen machen sich dabei wahrscheinlich Gedanken darüber, wo die Abwässer hinkommen. Dabei ist die Norderneyer Kläranlage durchaus sehenswert. Und es gibt genug Grund, sie zu feiern. Am Mittwoch haben heutige und ehemalige Mitarbeiter, Ratsleute und Vertreter der Verwaltung 50-jähriges Jubiläum der Kläranlage gefeiert.

Weder stinklangweilig noch schietegal

Der Unterhaltungswert einer Kläranlage ist normalerweise nicht so groß, stellte Bürgermeister Frank Ulrichs in seinem Grußwort fest. „Dabei sind Kläranlagen weder eine trockene Angelegenheit, noch stinklangweilig oder schietegal für das Wohl einer Kommune.“

KläranlageKläranlagen-Leiter Enno Giebel (rote Jacke) zeigte den Besuchern die Einrichtung. Solche Führungen werden für alle Interessierten angeboten.

„Im Gegenteil: Die Fragen und Probleme rund um die Wasserver- aber auch Entsorgung haben maßgeblichen Einfluss auf die Leistungsfähigkeit und die Lebensbedingungen in einer Gemeinde.“ Und besonders in einer stark vom Fremdenverkehr geprägten Destination sei die Kläranlage „existenziell wichtig“. Das haben die Verantwortlichen auf Norderney früh erkannt. Die Insel sei seinerzeit im Hinblick auf technische Innovationen und Fortschrittlichkeit weit voraus gewesen, sagte Ulrichs. Denn Norderney habe schon sehr früh über moderne Versorgungseinrichtungen für Energie, Wasser und Abwasser verfügt. Und damit nahm die Insel „an der Küste eine Vorreiterstellung“ ein.

Bedeutsam für Aufschwund des Seebades

Auf einer frühen Werbung für das Seebad lasse sich erkennen, wie bedeutsam diese Versorgungseinrichtungen auch für den Aufschwung waren. In einer Reklame wurden neben dem gesunden Klima und dem Baden im Meer auch das elektrische Licht, fließendes Wasser und eine hygienische Abwasserbeseitigung angepriesen. Hier habe Norderney bereits Ende des 19. Jahrhunderts mit den Anfängen einer technisierten und strategischen Abwasserbeseitigung punkten können, so Ulrichs.

Erste Anlage dieser Art in Osfriesland

Bis in die 1960er-Jahre beruhte diese auf dem Prinzip der Verrieselung mit Ableitungen ins Wattenmeer, wie Ulrichs berichtete. Die große Wende zu moderner Abwasserbeseitigung kam mit einer Änderung des Wasserhaushaltsgesetzes im Jahre 1967. Wegen des Verbots der Ableitung ins Meer errichtete die Kommune eine mechanisch-biologische Kläranlage. „Übrigens die erste Anlage dieser Art in Ostfriesland“, wie Ulrichs betonte. „Die Baukosten betrugen rund 4,5 Millionen DM, eine für damalige Verhältnisse unglaublich hohe Summe für eine kleine Kommune.“

Dies war erst der Auftakt für eine stetige Weiterentwicklung mit verschiedenen Ausbaustufen und Optimierungen – angepasst an die wasserrechtlichen und ökologischen Vorgaben. „Unsere Kläranlage hat in den letzten fünf Jahrzehnten einen grundlegenden Wandel erfahren und gehört bis heute zu den modernsten und am besten aufgestellten Anlagen in der Region“, sagte Ulrichs mit Stolz.

Auf 50.000 Einwohner angelegt

Dabei seien die Anforderungen für diese Anlage nicht mit denen in einer ähnlich großen Stadt vergleichbar. Denn die Anlage muss sich bei ständig schwankenden Zahlen zwischen 6.000 Einwohnern und 840.000 Touristen im Jahr fortlaufend angepassen. Wegen der großen Schwankungsbreiten sei die Anlage nicht umsonst auf 50.000 Einwohner ausgelegt. „Ruhezeiten gibt es hier nicht wirklich“, sagte Ulrichs: „Die Anlagen laufen 24 Stunden, 52 Wochen.“

Dabei erfordere der Betrieb einer Kläranlage „ein hohes Maß an Wissen, Erfahrung aber auch handwerkliches Geschick“, sagte Ulrichs, der allen dankte, die dazu beitrugen und -tragen.

Klärschlammveredelung

Ein Problem der Abwasserbehandlung, nämlich die Abfallprodukte, konnte gelöst werden: Eines der größten und ambitioniertesten Vorhaben sei der Ersatz der Siebbandpresse durch die Klärschlammvererdungsanlage gewesen. Diese sei damals noch im Test gewesen. „Trotz aller Innovationsfreudigkeit war die Umsetzung dieser Pilotanlage in den Echtbetrieb auf Norderney kein einfacher Schritt“, so Ulrichs.

Doch es hat funktioniert: Der jahrelange nachhaltige und vor allem wirkungsvolle Betrieb dieser neuen ökologischen Entwässerungstechnik habe maßgeblich dazu beigetragen, „die Entwässerungstechnik wegweisend und erfolgreich in die Zukunft zu führen“.

1989 wurde die Anlage zum zweiten Mal erweitert, um den biologischen Betrieb zu optimieren. Ein drittes Belebungsbecken entstand Anfang der 90er-Jahre. In der Zeit wurde das Betriebsgebäude neu gebaut, später wurde die Druckrohrleitung in den Inselosten erneuert. Eine der letzten großen Maßnahmen war der Austausch der Gebläseanlage für mehrere 100.000 Euro, die sich in nur sieben Jahren durch erhebliche Stromkosteneinsparungen amortisiert hat, wie Ulrichs ausführte. Neue Herausforderungen würden kommen, so der Bürgermeister, um eine umweltschonende und nachhaltige Abwasserbeseitigung zu gewährleisten.

Anekdoten

Bei allen technischen Details erinnerte Ulrichs auch an lustige Anekdoten zur Kläranlage, wie die über den Zeitungsredakteur, der in den Fettfang fiel oder die über den ehemaligen Stadtbaumeister, der bis zur Hüfte in der Schlammlagune versank. Bei der 50-Jahrfeier hingegen blieben alle trocken und sauber.

Leiter Henk-Enno Giebel, führte die Besucher anschließend durch Anlage. Und er bot Führungen für jeden Interessierten an: „Rufen Sie an, wir klären das.“ (Tel. 04932 – 3454)